
AK Nr. 41 - Wolf ohne Schafspelz
Was als verspäteter Aprilscherz hätte interpretiert werden können, fühlt sich heute wie ein schlechter Traum an. Die durch Trump verursachten Turbulenzen an den Märkten waren in der Geschwindigkeit und der Höhe historisch und führten zur stärksten 3-Tages-Marktreaktion des S&P 500 Index seit dem Börsencrash von 1987.
Was als verspäteter Aprilscherz hätte interpretiert werden können, fühlt sich heute wie ein schlechter Traum an. Die durch Trump verursachten Turbulenzen an den Märkten waren in der Geschwindigkeit und der Höhe historisch und führten zur stärksten 3-Tages-Marktreaktion des S&P 500 Index seit dem Börsencrash von 1987.
Es scheint, als ob Trump nicht ohne Drama operieren kann. Der Markt hat eine moderatere Gangart im Zollstreit erwartet und wurde durch die Maximalforderungen aus den USA überrascht. Was bei einem Immobiliendeal in New York funktionieren mag, ist auf der Weltbühne eine Katastrophe – auch für die Glaubwürdigkeit der Amerikaner. Der Anführer der freien Welt zeigt sich ungeniert als Wolf ohne Schafspelz. Es geht Trump um Macht und die Umverteilung von Ressourcen. Die gefühlt in die Enge getriebene Weltmacht USA wehren sich gegen die Welt und insbesondere gegen China als Rivalen. Was Trump mit seiner «Elefant im Porzellanladen»-Politik tut und die Europäer im Dornröschenschlaf verpassen, spielen die Chinesen in aller Ruhe geschickt aus. Ihr Einfluss in der Welt steigt weiter.
Weiterführend geht es darum, wie abhängig ein souveräner Staat von Importen sein sollte. 30% der essenziellen Wirkstoffe für Medikamente importiert die USA aus China.[1] 88% der weltweiten Halbleiterproduktion liegt ausserhalb der USA.[2] Und bis zu 90% der seltenen Erden werden aus China bezogen.[3] Die Lieferketten sind nach Jahrzehnten der Globalisierung eng verwoben.
Nach den Maximalforderungen scheint eine weitere Eskalation mit China vorerst nicht in Sicht (die Lösungen jedoch genauso wenig). Dagegen werden sukzessive erste Verhandlungsergebnisse mit anderen Staaten durchsickern. Gute Nachrichten, die die Märkte unbedingt brauchen. So besteht Hoffnung auf eine Bodenbildung an den Märkten. Bei länger anhaltenden Unsicherheiten kann diese sich aber schnell zerschlagen, wie erste Quartalsberichte von Unternehmen erahnen lassen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Gewinnprognosen für das laufende Geschäftsjahr zurückgenommen werden, steigt. Unsicherheit ist Gift für Unternehmen und die Märkte.
Unter Marktteilnehmern wird auch die Frage diskutiert, ob Trump absichtlich eine Rezession herbeiführen will, um Zinssenkungen der US-Notenbank FED zu erzwingen. Dabei geht es um den Refinanzierungsbedarf des hohen Schuldenbergs der USA. Bis Jahresende stehen USD 9’000 Milliarden zur Refinanzierung an.[4] Ein Prozentpunkt Zinsunterschied macht USD 90 Milliarden an jährlicher Zinslast aus. Ob das Kalkül aufgeht, wird sich weisen. Derzeit scheinen die Risikoaufschläge für US-Schulden die Zinskurve zu treiben.
Eine weitere beabsichtigte Massnahme des ausgerufenen Zollkriegs der USA ist die Schwächung des US-Dollars. Dabei sind es die Amerikaner, die vielen Ländern der Welt Währungsmanipulation vorwerfen.[5] In gewisser Weise eine ironische Situation, denn die USA selbst sind Profiteur der Reservewährung USD und scheinen nicht zurückzuscheuen, ihre Währung stark abwerten zu lassen.
Derzeit ist eine defensivere Haltung gefragt. Erhöhte Liquidität und Gold als verlässlicher Anker – Aktien so viel wie das Risikobudget es in der jetzigen Marktphase zulässt. Neben dem Zollstreit und dessen Auswirkungen, sollten Anleger insbesondere das Rezessionsrisiko in den USA im Blick behalten.
Dr. Patrick Cettier
[1] Amerikanischer Krankenhausverband, Februar 2025
[2] Semiconductor Industry Association (SIA), 2024
[3] Weltbank
[4] U.S. Treasury MonthlyStatement of the Public Debt (MSPD), März 2025
[5] Reuters, 03.04.2025
Der Kommentar in Bildern
Chinas globale Dominanz
Blau: Länder, welche mit den USA mehr Handel treiben
Rot: Länder, welche mit China mehr Handel treiben
Im Jahr 2000 Im Jahr 2024



Der Anleihenmarkt reagiert
Zinsentwicklung 10j. US-Staatsanleihen, YTD Zinsentwicklung 10j. CH-Staatsanleihen, YTD



Marktvolatilität Letzte Zuflucht: Gold
Entwicklung S&P 500 in Punkten (r. Skala) und Goldpreis, in USD/Unze, 1975 - 2025
VIX-Volatilitätsindex (l. Skala), 2005–2025


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